Liebe Leserin, lieber Leser,
kurz vor Abschluss der dritten Ausgabe von Mysteria3000 wurden Gerüchte laut, die eine archäologische Sensation versprachen. So sollte der im März 1993 durch den deen Ingenieur Rudolf Gantenbrink entdeckte Verschlussstein des südlichen Schachtes der Königinnenkammer in der Cheopspyramide geöffnet werden.
Vor neun Jahren war es Gantenbrink gelungen, mit dem von ihm konstruierten Roboter Upuaut II rund 60 Meter in den rund 20 mal 20 Zentimeter großen Schacht vorzudringen. Den Forschern bot sich damals ein überraschendes Bild: Die Kamera des Roboters erfasste eine Kalksteinplatte mit zwei wahrscheinlich aus Kupfer bestehenden Beschlägen. An ein Weiterkommen war nicht zu denken.

Da Berechnungen nach dieser Entdeckung zeigten, mit knapp 16 Metern bis zur Außenwand sei noch Platz für eine weitere, bisher verborgene Kammer wurden Spekulationen laut. Was könnte nicht alles hinter der sog. „Gantenbrink-Tür“ zu finden sein?
Die Gerüchte haben sich als wahr erwiesen. Anfang September geriet eine Marketing-Kampagne größeren Ausmaßes ins Rollen. Die Blockade sollte in der Nacht auf den 17.09. „live“ in einer großen Dokumentation des National Geographic Channel, in Zusammenarbeit mit Fox-TV, den beiden Ägyptologen Zahi Hawass und Mark Lehner sowie einem speziellen Forscherteam durchbrochen werden. Für die Sendung ‚Pyramids Live: Secret Chambers Revealed‘, welche man in 141 Ländern ausstrahlen wollte, waren zudem eine Reportage über die Forschungen in der „Stadt der Pyramidenarbeitern“ sowie die Öffnung des „ältesten Steinsarkophag Ägyptens“ mit der Mumie Ny Swt Wsrt’s, eines Aufsehers der Arbeiter angekündigt. [1]
Für die Erforschung des Südschachtes sollte ein Fahrzeug der Bostoner Firma ‚iRobot‘ namens ‚Pyramid Rover‘ – ausgerüstet mit einer Vielzahl von Sensoren – eingesetzt werden:

„So soll ein Radar das Gestein durchleuchten und nach eventuellen Hohlräumen fahnden. In Beton hat er nur eine Reichweite von einem knappen Meter, in dem porösen Kalkstein der Pyramide wäre die Reichweite jedoch deutlich größer. Mit einem Ultraschallsensor soll die Dicke des Steins vermessen werden. Kraftsensoren sollen testen, inwieweit der Stein beweglich ist und Leitfähigkeitssensoren sollen prüfen, ob die Griffe einen elektrischen Stromkreis bilden, was auf eine Verbindung auf der Rückseite des Steins schließen ließe. Außerdem wollen die beteiligten Forscher des Egypt’s Supreme Council of Antiquities und des Giza Plateau Mapping Project Glasfaserkabel durch etwaige Lücken zwischen den Steinen schieben, um so Bilder von dem Raum dahinter zu schießen“ [2]
Nach der ‚Nacht der Pyramiden‘ – wie das ZDF die Sondersendung zur Dokumentation von National Geographic nannte – ist man einen kleinen Schritt weiter. In der streitbaren Sendung wurden Live-Sequenzen sowie bereits vorgefertigtem Material präsentiert. Der Zuschauer musste feststellen, die meisten Experimente wurden bereits in den letzten zwei Wochen abgeschlossen und die Bohrung durch die „Gantenbrink“-Tür war zum Zeitpunkt der „Live“-Sendung längst durchgeführt. Die Öffnung des Sarkophags, als zweite Sensation angekündigt, brachte – wie von den meisten Fachleuten vermutet – das Skelett des Oberaufsehers Ny Swt Wsrt zutage.

Bevor wir aber zu dem Augenblick kommen, auf den wohl die meisten Zuschauer gewartet hatten, seien lobenswert die Forschungen von Mark Lehner im Umfeld der Pyramidenarbeiter zu erwähnen. National Geographic schaffte es, diesen Aspekt der Ausgrabungen auf dem Giza-Plateau erstmals ausführlich und informativ fürs Fernsehen zu dokumentieren.
Der Blick hinter den Verschlussstein selbst nahm nur die letzten fünf Minuten der Dokumentation ein. Z. Hawass erlebte die Sekunden, in denen der Roboter eine Kamera durch das rund 9 cm lange Bohrloch in der Kalksteinplatte führte, wie folgt:
„Die Kamera fährt hinein, aber ich kann gar nichts sehen … Wir sehen wieder eine versiegelte Tür … das sind Risse … eine versiegelte Tür, eine weiterer Raum, eine weitere versiegelte Tür, aber mir scheint, dass dies eine weitere Entdeckung ist.“

Die Kamerabilder zeigten hinter der Blockade einen kleinen Hohlraum mit einem weiteren Abschlussblock. Im Gegensatz zur bisher bekannten Türe zeigt das Gestein keinerlei Bearbeitungsmerkmale. Ist damit das Schachtende erreicht? Weitere Forschungen werden es zeigen.
Am Ende einer langen Nacht bleibt allein die Gewissheit, der rund 10-15 Zentimeter lange Zwischenraum, bietet keinen Platz für neue, ausufernde Spekulationen! Die Diskussion über weitere Kammern in der Cheopspyramide wird allerdings auch nach dem 17. September noch geführt werden.
Herzlichst, Ihr
[1] http://www.nationalgeographic.co.uk/egypt\_chambers/egyptchambers.shtml
[1] Rudolf Gantenbrink, http://www.cheops.org [2] Irobot & National Geographic [3] Pyramids Live: Secret Chambers Revealed, 17.09.02, National Geographic Channel [4] Pyramids Live: Secret Chambers Revealed, 17.09.02, National Geographic Channel
Markus Pezold
Anmerkungen
Abbildungen