Afrika ist der Ursprung der Menschheit – die „Out-of-Africa-Theorie“ ist jedem ein Begriff. Der Fokus der Historie liegt dagegen auf den außerafrikanischen Hochkulturen und selbst die ägyptische Kultur wird losgelöst vom afrikanischen Kontinent betrachtet. Graham Connah, Professor für afrikanische Archäologie in Canberra berichtet umfassend über zahlreiche weitere Völker die Anteil an der Geschichte der Menschheit hatten.

Afrika ist der Ursprung der Menschheit – die „Out-of-Africa-Theorie“ ist jedem ein Begriff. Der Fokus der Historie liegt dagegen auf den außerafrikanischen Hochkulturen und selbst die ägyptische Kultur wird losgelöst vom afrikanischen Kontinent betrachtet. Von Lucy und der Entstehung des Menschen wird noch häufig berichtet, ebenso von der afrikanischen Mittelmeerküste. Daneben gab es in Afrika jedoch zahlreiche weitere Völker, deren Aufstieg, Entwicklung, Kunst und Kultur Anteil an der Geschichte der Menschheit hatten. Graham Connah ist Professor für afrikanische Archäologie in Canberra und anerkannte Kapazität in diesem Fachbereich. Im vorliegenden Band zeigt er einem breiten Publikum, dass Afrika nicht geschichtslos ist, und schließt eine große Lücke auf dem Buchmarkt. In 29 Kapiteln liefert er einen dichten und soliden Querschnitt durch die archäologischen Entdeckungen und Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte.

Connah beginnt mit der Entstehung des Menschen, dem Australopithecus und dem Homo habilis. Dabei betont er besonders die Relevanz anderer Fachbereiche wie Paläontologie, Paläobotanik, naturwissenschaftliche Datierungen und Verhaltensforschung, derer die Archäologie zur Interpretation der Funde und Befunde bedarf. Anhand der Schwierigkeiten, die oft daraus resultieren, dass nur sehr wenig und sehr fragmentarisches Fundmaterial erhalten ist – oftmals finden sich beispielsweise Skelettreste in Fluss- und Seesedimentschichten, in die sie sekundär geschwemmt sein können – erläutert Connah auch die Methoden der Forschung und weist auf die Unsicherheiten der Interpretationen hin. Die Darstellung der Methoden archäologischer Informationsgewinnung und die Beteiligung durch Nachbardisziplinen beschränkt sich jedoch nicht auf die frühen Funde, sondern spielt im weiteren Verlauf immer wieder eine wichtige Rolle. So veranschaulicht z.B. das Kapitel „Das Zeugnis der Toten“ (S. 147-154) wie sich die Lebensweise der Bevölkerung in der Upemba-Senke im Kongo anhand der Friedhöfe rekonstruieren lässt. Dabei beschränkt sich der Autor in der Darstellung nicht auf seine eigene Sichtweise, sondern weist immer wieder auf alternative Interpretationen der Befunde hin. So vertritt er den afrikanischen Ursprung des Homo sapiens, ohne aber Argumente für eine außerafrikanische Entwicklung zu verschweigen.

Ausgehend von der Evolution des Menschen beschreibt Connah die ersten Jäger- und Sammlerkulturen und den langen Prozess des Überganges zur Nahrungsmittelerzeugung durch Domestikation von Tieren und Kultivierung von Nutzpflanzen, sowie, damit einhergehend, die Anfänge von Halbnomadentum und Sesshaftigkeit. Dabei zeigt der Autor, wie die Entwicklungen in verschiedenen Teilen Afrikas unterschiedlich verliefen, abhängig von den jeweiligen Umweltbedingungen und der kulturellen Tradition. Lange vor der ersten Agrarkultur bietet der Fundplatz Amekni im Süden Algeriens die frühesten Zeugnisse zur Keramikherstellung in der Zeit vor 9500 bis 8500 Jahren. Beachtenswert ist Connahs These, die Keramikproduktion sei ein wichtiger Faktor gewesen, der die Sesshaftigkeit begünstigte, da für nomadische Lebensweise große und zerbrechliche Gefäße ungeeignet waren. Diese These ließe sich weiterhin dadurch stützen, dass die Tonlagerstätten und die Produktionsstätten für Keramik immer wieder von verschiedenen Gruppen aufgesucht wurden und somit den Kern einer temporären Siedlung bilden konnten

Die Geschichte des afrikanischen Kontinents und seine kulturellen Leistungen werden vorwiegend anhand einzelner detailliert vorgestellter Fundplätze erläutert, wie z.B. Aksum in Äthiopien, Djenné Djenno am Mittleren Niger, Benin City und Igbo-Ukwu in Nigeria oder Groß-Simbabwe. Die Kapitel sind weitgehend chronologisch geordnet, werden aber immer wieder durch übergreifende Abschnitte aufgelockert, die allgemein kulturelle und technische Errungenschaften behandeln, wie die Entwicklung der Metallurgie, die Entstehung von Kunst und die Etablierung fester Handelsnetze etc. Die Besprechung einzelner afrikanischer Kulturen beginnt mit den ältesten Hochkulturen in Nordostafrika, dem Alten Ägypten und den nubischen Königreichen von Kerma, Napata und Meroe. Am Beispiel des Alten Ägypten zeigt sich deutlich, dass es nicht möglich ist, die Komplexität dieser Kultur in einem siebenseitigen Kapitel darzulegen. Ein Blick in die einschlägigen Werke zur ägyptischen Kultur ist also unabdingbar, doch steht Ägypten hier natürlich nicht im Fokus, sondern wird innerhalb des Bandes als eine von vielen afrikanischen Kulturen beschrieben. Damit ist die Kürze des Ägypten-Kapitels notwendig, um daneben die Geschichte des außerägyptischen Afrika nicht zu marginalisieren.

Den Abschluss des Buches bildet die Aufteilung Afrikas unter den europäischen Kolonialmächten und der Ausblick auf die gerade beginnende Wiederbesinnung auf Afrika sowie die Entwicklung eines neuen Geschichtsbewusstseins bei den afrikanischen Kulturen.

Hervorzuheben sind schließlich die detaillierten Karten, in denen alle wesentlichen besprochenen Fundorte verzeichnet sind, sowie die reichhaltige Illustration durch Fotos, Zeichnungen und Pläne. Die Fotos sind im Druck allerdings viel zu dunkel geraten, besonders für die Farbtafeln wäre Druck auf Hochglanzpapier angebrachter gewesen. Auf einen Anmerkungsapparat wurde leider ganz verzichtet und auch das Literaturverzeichnis bietet nicht mehr als zwei bis drei Titel zu jedem einzelnen Kapitel, was ein wenig dürftig erscheint. Dazu sind ausschließlich englischsprachige Publikationen angeführt. Hier wäre eine Erweiterung um deutschsprachige Literatur bzw. die Ersetzung durch deutsche Titel, sofern deutsche Übersetzungen erschienen sind, wünschenswert gewesen.

Connah, Graham: Unbekanntes Afrika. Archäologische Entdeckungen auf dem Schwarzen Kontinent, Theiss Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-8062-2023-9, EUR 29,90