Warum gerade diese eine Meldung in einem Buch, das auf jeder Seite von unerklärlichen Geheimnissen und esoterischen Offenbarungen raunt, mich so sehr gepackt hat und schon so lange interessiert, vermag ich nicht zu sagen. Aber seit vielen Jahren faszinieren mich ein paar wenige Zeilen aus einem der ersten Prä-Astronautik-Bücher, Robert Charroux’ Erstling ‚Phantastische Vergangenheit‘.
Der Bericht von Robert Charroux
Der französische Pionier der prä-astronautischen Spekulation schreibt dort in einer Aufzählung von Rätseln, für die er keine konventionelle wissenschaftliche Erklärung weiß:
„Der Metallring von 1000 Fuß [300 m] Umfang, der den Gipfel eines Berges in Schweden umgibt, auf dem eine Vegetation wächst, die von der irdischen gänzlich verschieden ist. (Nicht nachgeprüft.)“
Und auf S. 208 fragt er – seine eigene Vorsicht völlig vergessend – noch einmal nach:
„Warum wird die Öffentlichkeit nicht davon unterrichtet, daß sich oben auf einem hohen Berg in Schweden ein metallischer, im Durchmesser 1003 Fuß messender Ring befindet, in dessen Innern eine Vegetation gedeiht, die von der auf der Erde gänzlich verschieden ist?“ [1]
Mit diesen Angaben beginnen bereits die Probleme. Beträgt nun der Umfang oder der Durchmesser 1000 Fuß? Und dann 1000 oder 1003 Fuß [man beachte die ungewöhnliche Exaktheit!]? Wo genau in Schweden befindet sich dieser Ring? Und welche Quelle stand Charroux zur Verfügung? Er spricht leider nur vage (und dann auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang) davon, seine Quelle sei „eine amerikanische Zeitschrift“, das aber hilft nicht weiter. Immerhin befindet sich die zweite Erwähnung des Rings in einem Kapitel, das offensichtlich aus der amerikanischen UFO-Literatur zitiert.
Eine Durchsicht weiterer prä-astronautischer Klassiker, Dopatka, Kolosimo, Kohlenberg und Steinhäuser fand keine weitere Erwähnung des Phänomens. Das erstaunt zumindest, denn immerhin handelt es sich um ein konkretes Objekt, das sich leicht finden und dann auch untersuchen lassen sollte.
Über diesen ersten Stand meiner Recherche schrieb ich einen kurzen Artikel für das UFO- und Prä-Astronautik-Magazin ‚Sign‘ (Nr. 21, 1991), allerdings ohne je eine Reaktion auf meine Anfrage nach weiterer Information zu erhalten. Niemand wusste mehr als ich.
Was Walter Ernsting schreibt
Endlich stieß ich auf eine mögliche zweite Erwähnung des Objektes, allerdings in Finnland lokalisiert und in einem fiktiven Kontext, Walter Ernstings Roman ‚Der Tag, an dem die Götter starben‘. Dort beschreibt er einen merkwürdig abgerundeten Gipfel 30 km östlich der Tana, des Grenzflusses zwischen Norwegen und Finnland. [2]
Ernsting erzählt von seinen Weltkriegserfahrungen in Norwegen. 1942 fliegt er von Banak am Ende des Porsangerfjord am Nordkap entlang der Straße nach Karasjok, dann nach Osten bis zum Fluss Tana.
„Nur im Osten sah ich eine Bergkuppe, meiner Schätzung nach fast dreißig Kilometer entfernt, also schon auf finnischem Gebiet. (…) Es war schon später Nachmittag, und die Sonne stand im Westen. (…) Die Kuppe glühte auf, als bestünde sie aus purem Gold. (… Es war) ein merkwürdig abgerundeter Gipfel, fast wie der obere Teil einer im Fels versenkten Halbkugel.“
Am nächsten Tag bricht er auf eigene Faust zu dem angeblich verhexten Berg auf. (S. 150-158) Zuerst fliegt er nach Karasjok, von dort geht es mit dem Schlauchboot 50 km den Tanaelv abwärts. Dort mündet ein namenloser Bach von Osten, aus Finnland, ein. Diesen Bach 30 km stromaufwärts liegt der mysteriöse Gipfel, an dem Ernsting auf einen „Schneemenschen“ sowie auf eine unsichtbare Mauer trifft.
Im Jahre 1970 sucht er dieses Ziel erneut auf (S. 158 ff.). Von Karigasniemi geht es die Straße nach Utsjoki, bis zu einem Ort, an dem diese auf die Straße von Utsjoki nach Kaamanen einmündet. Von da ist links der Berg zu sehen, ein schnurgerader Feldweg führt zum 12 km entfernten Gipfel. Auf dem nur rund 350 m hohen, namenlosen Berg trifft Ernsting dann auf Außerirdische, die unser Geschick seit Jahrzehntausenden lenken.
Obwohl manche Anhänger der Paläo-Seti nach wie vor vom Gegenteil überzeugt sind, ist Ernstings Geschichte eine Fiktion, ein Roman. Das geht aus der autorisierten Biografie hervor [3], aber auch aus Aussagen der von mir befragten Autoren und Redakteure, die ihn gut gekannt und mit ihm über das Buch gesprochen haben. Eine Google-Earth-Expedition in das beschriebene Gebiet zeigt zwar ein umfangreiches, zerschrundenes und nacktes Felsplateau, das von Gletschern glattgeschliffen wurde (ganz so, wie es Ernsting beschreibt), aber keinen Ring und keine außerirdische Bodenstation.
Natürlich mag sich Ernsting auf Quellen bezogen haben, die ich nicht kenne, oder aber die Parallelität zwischen seinem Roman und Charroux‘ Behauptung sind nur ein Zufallsergebnis. Als Hinweis auf die Existenz des Rings lässt sich der Roman leider nicht verwerten.
Die Ansicht skandinavischer UFO-Forscher
Ein letzter Versuch, mehr über das Rätsel – oder vermeintliche Rätsel – zu erfahren bestand darin, die in Skandinavien ansässigen UFO-Forscher zu kontaktieren. Als erstes antwortete mir der Norweger Ole Jonny Brænne am 19. Juli 2011:
„Ich habe keine Ahnung. Ich habe davon noch nie gehört, aber ich habe auch Charroux’ Buch nicht gelesen.“
Der schwedische UFO-Forscher Clas Svahn meinte am 19. Juli 2011:
„Ich habe noch nie von solch einem ‚Ring‘ gehört. Und ich zweifle ernsthaft daran, dass es ihn gibt oder je gab.“
Und am 21. Juli 2011 fügte er hinzu:
„Ja, das klingt wie etwas, das sich jemand ausgedacht hat, der nicht in Schweden lebt. Jemand, für den Schweden exotisch genug ist, dass ein ausländischer Leser diese Geschichte für wahr hält.“
Anders Liljegren aus Schweden antwortete am 25. Juli 2011:
„Auch ich habe davon noch nie etwas gehört. Noch nie davon gehört oder darüber gelesen.“
Diese Urteile sagen natürlich nichts über den Wert oder Unwert der Geschichte aus, aber sie zeigen, dass das von Charroux geschilderte Phänomen in seiner Heimat nicht (oder zumindest praktisch nicht) bekannt ist. Bei einer Anlage, die archäologische und botanische Absonderlichkeiten birgt (oder der diese nur zugeschrieben werden), sollte man zumindest annehmen, dass sie den spezialisierten Forschern schon einmal untergekommen ist.
So endet diese Untersuchung eines potenziell interessanten Artefakts in einer Sackgasse, bis neue – vor allem aber präzise – Informationen auftauchen. Der „Ring“ mag eine reine Erfindung sein oder die Fehldeutung von etwas ganz anderem oder ein wahrhaft prä-astronautisches Artefakt. Nur zusätzliche Recherchen können das zeigen.
Ein vergleichbares Objekt?
In einem seiner fortianischen Bücher erwähnt Jacques Bergier [4] das Tagebuch des Forschers Louis Claude de Freycinet auf dem französischen Schiff ‚Uranie‘, der 1819 in Tinian auf eine kreisrunde Fläche „mit ungewöhnlichen Gewächsen“ gestoßen sein will, die von zwei Reihen Säulen umgeben war, und um die rings umher üppiger Urwald wuchs – eine Art Schwedischer Ring in der Südsee? Die Wahrheit ist in diesem Falle einfacher, den Bergiers Quelle lautet weitaus nüchterner, als er denken lässt:
„Als ich von der Quelle zurückkehrte, skizzierte ich die Ruinen einiger antiker Bauwerke. Über den Zeitpunkt ihrer Begründung vermag man keine genauen Nachrichten zu geben. Sie liegen an einem Berghange. Trümmer von Säulen von drei Fuß im Durchmesser (90 cm) liegen noch immer aufrecht auf der Erde, die um sie herum angehäuft wurde. Sie bildeten mit Sicherheit nur ein einziges, kreisförmiges Gebäude von mehr als 800 Schritten im Umfang. Vergebens hielt ich nach nur einem Splitter einer Skulptur Ausschau. Das Innere des Kreises ist nun von Unkraut überwuchert und mit kleinen Felsstücken bedeckt. Ich fragte Kapitän Martinez nach seiner Meinung zu diesem ungewöhnlichen Gebäude. Er erklärte mir, er wisse auch nicht mehr als die anderen Einwohner, die es das Haus der Alten nannten. Es wurde wohl durch eines der in diesem Archipel häufigen Erdbeben zerstört.“ [5]
Es handelt sich um die mittlerweile gut erforschte, gigantische Ruine der Häuser der Einwohner Guams. [6]
Anmerkungen
[1] Charroux, Robert: Phantastische Vergangenheit. Berlin: Ullstein, S. 159, 208
[2] Ernsting, Walter: Der Tag, an dem die Götter starben, in: Clark Dalton, Werkausgabe 11. Rastatt: Moewig 196, S. 147-150
[3]Langhans, Heiko: Clark Darlton. Der Mann, der die Zukunft brachte. Rastatt: Moewig 2000, S. 149–1544.
[4] Jacques Bergier: El libro de lo inexplicable. Barcelona: Plaza & Janés S.A. 1978, S. 82
[5] Jacques Arago: Narrative of a voyage round the world, in the Uranie and Physicienne corvettes, commanded by Captain Freycinet, during the years 1817, 1818, 1819, and 1820. Treuttel & Wurtz, Treuttal, jun. & Richter, 1823, S. 277-278:
[6] Rudolph Villaverde: From the Ancient Past: The Latte Stones of Guam. http://ns.gov.gu/latte.html